Herdwangen
Im Jahr 1994 feierte Herdwangen seinen 800sten Geburtstag. Der Anlass für die Feierlichkeit liefert die erste urkundliche Erwähnung Herdwangens. Im Jahr 1194 nimmt Papst Coellestin III das Kloser Salem mit bestimmten Besitzungen in seinen Schutz. Zu den in der Bulle aufgeführten Besitzungen gehört auch die Kirche zu Hetenach, das häufig als das heutige Herdwangen identifiziert wird. Herdwangen stapelte mit dieser 800-Jahr-Feier nicht hoch, denn: Herdwangen ist um einiges älter. In der Chronik des Klosters Petershausen, die im Jahr 1156 verfasst wurde, kommt Herdwangen unzweifelhaft ebenfalls vor.
Graf Eberhard von Bodmann schenkte dem Kloster Petershausen ein Gut in Herdwangen. Im Zusammenhang mit dem von Bischof Hugo von Konstanz nach 1519 beigelegten Kontroversen zwischen dem Reichsstift Petershausen und der Reichsstadt Überlingen um die Ausübung der Vogtei in Herdwangen, wird herausgestellt, daß der Gründer des Klosters Petershausen, der später heilig gesprochene Konstanzer Bischof Gebhard II (949 - 995), bereits bei der Gründung im Jahr 983, Herdwangen dem Kloster aus seinem väterlichen Erbe als Besitz übertrug. Dies ist eine Überlieferung aus dem 16. Jahrhundert, aber es ist ein weiterer Hinweis darauf, dass Herdwangen weitaus älter ist als 800 Jahre.
Wir haben damit den Tatbestand, dass Herdwangen Besitz des Klosters Petershausen ist, 1194 aber die Kirche zu Herdwangen, dem Kloster Salem als Besitz bestätigt wird. Petershausen wäre es demnach zunächst nicht möglich gewesen, auch die Kirche zu Herdwangen in seinen Besitz zu bringen. Dies mag im Zusammenhang zu sehen sein mit dem Petershausener Klosterbrand von 1159. Nach dieser Katastrophe sah sich Petershausen aus materiellen Gründen gezwungen, einigen Streubesitz zu verkaufen. Es wird daher wohl auch die Herdwanger Kirche an Salem abgetreten haben, falls sie sich zuvor überhaupt in seinem Besitz befunden hat.
Für das 13. Jahrhundert liegt dann bereits eine dichte Reihe urkundlicher Überlieferungen vor. 1275 gehört Herdwangen zum Landkapitel Linzgau. 1289 verkauft der Abt des Klosters St. Johann im Thurgau mit Genehmigung des Bischofs von Konstanz Besitzungen von Herdwangen an das Kloster Petershausen. Im 14. Jahrhundert geht es in den Urkunden bereits schon nicht mehr um bloße Besitzrechte, sondern vor allem um Herrschaftsrechte. So hat 1369 Adelheid von Hohenberg die Vogtei über Herdwangen inne, sie übergibt sie ihrem Mann Ulrich Besserer. 1402 verkauft Petershausen die Vogtei über Herdwangen an das Spital zu Überlingen, wo sie bis zum Jahr 1677 verblieb, als Petershausen sie zurückkaufte. 1776 erhielt Petershausen zudem die hohe Obrigkeit als kaiserliches Lehen, die zuvor bei den Heiligenberger Grafen und nach deren Aussterben bei den Fürstenberger Grafen gelegen hatte. Von 1776 bis 1804 übte daher das Kloster die ungeteilte Herrschaft über Herdwangen aus.