Kirche Herdwangen
Die Pfarrei Herdwangen und ihre Pfarrkirche St. Peter und Paul
Zur Pfarrei Herdwangen gehören die Orte Herdwangen, Alberweiler, Ebratsweiler, Mühlhausen, Oberndorf, Schwende, Vorstadt, Waldhof und Waldsteig. In der Pfarrei wohnen zur Zeit (Stand 2008) 1048 Katholiken. Die Kirche ist den Aposteln Petrus und Paulus gewidmet, deren Gedenktag am 29. Juni gefeiert wird.
Geschichte
Der erste geschichtliche Hinweis auf die Pfarrei Herdwangen ist die Erwähnung eines Leutpriesters von Herdwangen namens Friedrich im Jahre 1226. Im Zehntbuch des Bistums Konstanz wird die Pfarrei 1275 aufgeführt. Das Patronatsrecht (das Recht, den Pfarrer vorzuschlagen) lag seit mindestens 1353 beim Kloster Petershausen und ging bei der Säkularisation 1803 an die Markgrafen von Baden über. Da Herdwangen aber schon 983 zur Gründungsausstattung des Klosters Petershausen gehört haben soll, wird auch die Kirche früh in Petershauser Besitz gewesen oder gar vom Kloster errichtet worden sein. Die Pfarrei gehörte zum Bistum Konstanz, seit 1821 zur Erzdiözese Freiburg.
Baugeschichte
Über den Bau der ersten Kirche in Herdwangen gibt es keine historischen Nachrichten mehr. Der älteste datierbare Teil der Kirche ist ein großer Bogen, der heute in der Westwand des Kirchturms hinter der Sakristei versteckt ist. Er stammt von einem ehemaligen Chordurchgang und lässt darauf schließen, dass der Chor der Kirche sich einst im unteren Teil des Turms befunden hat. Das Kirchenschiff muss somit ursprünglich hinter dem Turm und nicht wie heute daneben gelegen haben. Die bereits leicht spitzbogige Form des Durchgangs lässt darauf schließen, dass diese Kirche in spätromanisch/frühgotischer Zeit, also um die Mitte des 13. Jahrhunderts, errichtet worden ist. Wann das Kirchenschiff nach Süden neben den Turm verlegt worden ist, ist nicht bekannt.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kirche schwer in Mitleidenschaft gezogen. Bereits 1629 wird sie als "runiert" beschrieben. In den 1640er Jahren fand jahrelang kein Gottesdienst mehr statt. Vermutlich wurde sie in der Folge neu errichtet oder zumindest umfassend renoviert. Das kleine Sandsteinrelief im Durchgang der hinteren Eingangstür stammt wohl noch von einer Türumrahmung aus dem 17. Jahrhundert.
Der Stein wurde 1809, als das Kirchenschiff um etwa 3,60 m nach hinten verlängert wurde, um 90° gedreht an der neuen Tür wieder verbaut. In den Jahren 1909-1913 ließ Pfarrer Hummel neue Fenster einbauen und den Innenraum verschönern. Eine Innenrenovation fand 1976 und eine Außenrenovation 1983 statt. Im Jahr 2001 wurde das Dachgebälk saniert und 2003-2005 der Innenraum und die Altäre restauriert, schließlich 2006 auch die Orgel.
Ausstattung
Bereits 1487 war ein linker Seitenaltar vorhanden, der der Gottesmutter Maria, sowie den Heiligen Sebastian, Veit und Wendelin gewidmet war. Von einem gotischen Hochltar sind noch die beiden Holzstatuen der Apostel Petrus und Paulus erhalten. Dieser wurde erst 1809 ersetzt, als der heutige Hochaltar und die ebenfalls künstlerisch bedeutenden Seitenaltäre aus der 1808 abgebrochenen Salemer Pfarrkirche St. Leonhard nach Herdwangen kamen. Sie sind wie auch der klassizistische Kreuzweg in der Feuchtmayer-Werkstatt in Mimmenhausen entstanden. Die Seitenaltäre im Rokoko-Stil wurden von Johann Georg Dirr geschaffen. Der hl. Josef im linken Seitenaltar stammt noch von dessen Lehrer Joseph Anton Feuchtmayer selbst. Ursprünglich stand an seiner Stelle eine hl. Anna Selbdritt.
Erwähnenswert sind auch zwei Renaissance-Sandsteinreliefs (um 1575). Sie gehören zu einem Marienzyklus aus dem Kloster Petershausen, von dem sich drei weitere Exemplare heute in Museen in Karlsruhe und Frankfurt befinden.
Die Fenster wurden von Bürgern der Pfarrgemeinde gestiftet. Die Chorfenster von 1909 stammen aus der Konstanzer Werkstatt Nittel, die im Langhaus wurden 1912 von Eduard Stritt in Freiburg hergestellt. Der kunstsinnige Pfarrer Hummel machte 1913 die Vorgaben zu den Deckenbildern, die von Otto Haberer-Sinner ausgeführt wurden. Gleichzeitig wurde die Decke vom Konstanzer Bildhauer Strobel mit Stuckverzierungen versehen.
Glocken
Das alte Geläute (Tonfolge e´-fis´-gis´-h´-e´) wurde in den Weltkriegen eingeschmolzen und 1949 neu angeschafft. Nur die kleinste Glocke von 1710 ist noch erhalten. Sie hängt heute im Chor.
Außenbereich
Der Bereich um die Kirche herum diente bis ins 19. Jahrhundert als Friedhof. Die Figur des hl. Georg vom Herdwanger Bildhauer Siegel bekrönte ursprünglich das Denkmal für die Gefallenen des 1. Weltkriegs.
Das große Außenkreuz mit der Schmerzensmutter wurde im Jahr 2004 erneuert, der Korpus und die Marienfigur wurden mit Hilfe großzügiger Spenden restauriert.
Ralf Keller
Literatur
Manfred Hermann, 150 Jahre Eulogius-Ritt Aftholderberg. Kirchen der Seelsorgeeinheit Wald (Beuron i.D. 2006) S. 77-80.